
(626–659) war eine fränkische Äbtissin und Heilige, die vor allem in Westeuropa verehrt wird. Sie gilt als Patronin der Reisenden, Gärtner, Armen und als Schutzheilige gegen Mäuse- und Rattenplagen.
Leben und Wirken
Gertrud wurde um 626 als Tochter des fränkischen Hausmeiers Pippin des Älteren und seiner Frau Itta geboren. Ihre Familie gehörte zur hochrangigen fränkischen Elite und stand in enger Verbindung zum merowingischen Königshof. Schon früh zeigte Gertrud eine große Neigung zum klösterlichen Leben. Als sie in eine politische Ehe gedrängt werden sollte, lehnte sie ab und entschied sich für ein Leben in der Frömmigkeit.
Nach dem Tod ihres Vaters gründete ihre Mutter Itta um 640 das Kloster Nivelles im heutigen Belgien. Gertrud trat dort als Nonne ein und übernahm mit nur 20 Jahren die Leitung des Klosters. Unter ihrer Führung wurde das Kloster zu einem bedeutenden religiösen Zentrum, das enge Verbindungen zu irischen Mönchen pflegte. Sie lud Gelehrte und Missionare ein, um die klösterliche Bildung und Spiritualität zu fördern.
Legenden und Wunder
Gertrud wird oft mit einer Ähre oder einer Kirchenkrone dargestellt. Zahlreiche Legenden ranken sich um sie:
Sie soll eine besondere Gabe gehabt haben, göttliche Visionen zu empfangen.
Ihr wurde nachgesagt, dass sie Kranke heilte und Bedürftige unterstützte.
Nach ihrem Tod wurde sie als Schutzpatronin gegen Mäuse- und Rattenplagen verehrt. Daher sieht man sie oft mit Mäusen auf Bildern.
Tod und Heiligsprechung
Gertrud zog sich in ihren letzten Jahren zurück und widmete sich verstärkt dem Gebet und der Askese. Sie starb am 17. März 659 mit nur 33 Jahren. Ihr Grab in Nivelles wurde schnell zu einem Wallfahrtsort, und sie wurde bald nach ihrem Tod heiliggesprochen.
Verehrung und Bedeutung
Ihr Gedenktag ist der 17. März, der auch der Gedenktag des heiligen Patrick ist. Ihre Verehrung verbreitete sich in ganz Europa, und viele Kirchen wurden nach ihr benannt, darunter auch St. Gertrudis in Ellwangen. Sie gilt als Patronin von:
- Pilgern und Reisenden
- Gärtnern und Bauern
- Armen und Kranken
- gegen Mäuse- und Rattenplagen
Besonders in der Landwirtschaft wurde sie oft um Schutz für Ernte und Vorräte gebeten.
Die Verehrung der heiligen Gertrud von Nivelles hat in Ellwangen eine besondere Bedeutung, die sich insbesondere in der Bildungseinrichtung St. Gertrudis widerspiegelt.
St. Gertrudis in Ellwangen
Die Schule St. Gertrudis wurde 1895 auf Initiative des damaligen Stadtpfarrers gegründet und begann mit nur 18 Schülerinnen in einer Privatwohnung in der Innenstadt. 1903 erhielt die Schule ein eigenes Gebäude unterhalb des Buchenbergs. 1925 übernahmen die Franziskanerinnen von Sießen die Trägerschaft, und drei Jahre später wurde die Schule offiziell auf den Namen St. Gertrudis getauft. Seitdem hat sich die Schule stetig weiterentwickelt und bietet heute sowohl eine Realschule als auch ein Gymnasium an. Im Jahr 2001 wurde der gymnasiale Zweig eingeführt, und seit dem Schuljahr 2008/2009 können auch Jungen in der Oberstufe das Abitur an St. Gertrudis erwerben.
Franziskanische Werte und Bildung
Die Schule legt großen Wert auf eine ganzheitliche Bildung, die auf den franziskanischen Werten und dem christlichen Menschenbild basiert. In einer Atmosphäre der Wertschätzung und Achtsamkeit werden die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, ihre Persönlichkeit zu entfalten und soziale Kompetenzen zu entwickeln. Dieses pädagogische Konzept spiegelt das Erbe der heiligen Gertrud wider, die für ihre Nächstenliebe und ihren Einsatz für Bildung bekannt war.
Verehrung der heiligen Gertrud in der Region
Die heilige Gertrud von Nivelles wird in vielen Teilen Europas verehrt, und ihr Gedenktag am 17. März ist mit verschiedenen Bräuchen verbunden. In landwirtschaftlich geprägten Regionen gibt es zahlreiche Bauernregeln und Sprichwörter, die sich auf diesen Tag beziehen und den Beginn der Feldarbeit, dem Schutz vor Schädlingen oder bestimmte Wetterphänomene ankündigen. Diese Traditionen unterstreichen ihre Rolle als Schutzpatronin der Gärtner und Bauern. Ihr Gedenktag am 17. März markiert in vielen Regionen das Ende des Winters und den Beginn der landwirtschaftlichen Saison.
Insgesamt zeigt die Präsenz der Schule St. Gertrudis in Ellwangen, wie das Erbe der heiligen Gertrud von Nivelles in der Region lebendig gehalten wird, indem Bildung und franziskanische Werte gefördert werden.
Bauernregeln, Sprichwörter und Bedeutungen zu St. Gertrud (17. März)
"Gertraud den Garten baut."
→ Ab diesem Tag beginnt traditionell die Gartenarbeit, da der Boden oft frostfrei ist.
"Ist’s an Gertrud sonnig warm, gibt’s noch Kälte, dass Gott erbarm’."
→ Ein warmer 17. März deutet auf eine spätere Kälteperiode hin.
"St. Gertraud mit der Maus, treibt den letzten Schnee hinaus."
→ Nach ihrem Gedenktag soll kein Schnee mehr fallen.
"An Gertrud hört der Winter auf, die Vögel singen, der Himmel ist blau."
→ Das Ende des Winters und der Frühlingsbeginn werden eingeläutet.
"Sankt Gertrud gibt dem Roggen Mut."
→ Ab diesem Zeitpunkt beginnt das Wachstum des Wintergetreides.
„Ist’s an Gertrud sonnig und trocken, folgen keine Mäuseflocken“
→ Es wird die Vorstellung genutzt, dass, wenn der Segen von St. Gertrud an diesem Tag spürbar ist, die Mäuse keinen Schaden anrichten und keine „Flöckchen“ hinterlassen.
In übertragener Bedeutung meint „Mäuseflocken“ also beschädigte oder durchgebissene Fäden, die aus einer mangelnden Sorgfalt oder einer Mäuseplage resultieren können. Diese „Flöckchen“ waren oft ein Zeichen dafür, dass Mäuse in den Vorräten oder Werkstätten geschädigt hatten, indem sie an den Fäden oder Ballen knabberten. Es beschreibt die kleinen Fasern, die von Mäusen beim Knabbern an Flachs oder Leinen übrig blieben.
Diese sprichwörtlichen „Flöckchen“ deuten darauf hin, dass der Flachs oder das Leinen im Winter nicht beschädigt wird – ein gutes Zeichen für die bevorstehende Ernte oder das Handwerk.
"Die Gertrud mit der Maus, treibt die Spinnerinnen raus."
→ Bezieht sich auf ihre Rolle als Schutzpatronin gegen Mäuseplagen. In früheren Zeiten glaubte man, dass Mäuse und Ratten sich nach diesem Tag besonders vermehren, weshalb sie um Schutz angerufen wurde.
"Wer an Gertrud Kartoffeln legt, dem die Ernte nie vergeht."
→ Empfiehlt die Aussaat von Frühkartoffeln nach dem 17. März.
Diese Regeln zeigen, wie stark die Verehrung der heiligen Gertrud mit dem bäuerlichen Leben verknüpft war.
Herkunft des Sprichworts "Da beißt die Maus keinen Faden ab"
Das Sprichwort stammt aus der Welt des Handwerks, insbesondere aus der Weberei und Spinnerei. Mäuse sind bekannt dafür, dass sie Fäden und Stoffe anknabbern, was früher in Haushalten und Werkstätten ein großes Problem war. Wenn eine Maus einen Faden durchbiss, war er nicht mehr zu retten – das Gewebe oder die Spinnarbeit war unwiderruflich beschädigt.
Das Sprichwort „Da beißt die Maus keinen Faden ab“ bedeutet, dass etwas unveränderlich ist und nicht rückgängig gemacht werden kann – eine unumstößliche Tatsache.
Mögliche Verbindung zu St. Gertrud
Da die heilige Gertrud von Nivelles als Schutzpatronin gegen Mäuse- und Rattenplagen gilt, könnte das Sprichwort indirekt mit ihr in Verbindung stehen. In früheren Zeiten wurde sie angerufen, um Vorräte und Textilien vor Mäusen zu schützen. Ihr Gedenktag, der 17. März, markierte zudem den Beginn der landwirtschaftlichen Arbeiten – eine Zeit, in der Mäuse sich vermehrten und zur Plage werden konnten.
Das Sprichwort selbst ist heute allgemein gebräuchlich, unabhängig von seiner ursprünglichen Bedeutung aus dem Textilhandwerk. Es unterstreicht, dass an einer Tatsache nichts mehr zu ändern ist.
Traditionen und Bräuche auf der Ostalb
Beginn der Gartenarbeit: Eine lokale Bauernregel besagt: "Gertraud den Garten baut." Dies bedeutet, dass ab dem 17. März die Gartenarbeit aufgenommen wird, da der Boden nun frostfrei ist.
Schutz vor Schädlingen: Gertrud gilt als Schutzpatronin gegen Mäuse- und Rattenplagen. In einigen Gemeinden der Ostalb war es Brauch, am Gertrudstag spezielle Segnungen durchzuführen, um Häuser und Felder vor Nagetieren zu schützen.
Patrozinium der Kirche St. Gertrudis in Ellwangen-Rindelbach: Die Kirche feiert am 17. März ihr Patrozinium zu Ehren der heiligen Gertrud. An diesem Tag finden besondere Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen statt, die ihre Bedeutung für die lokale Gemeinschaft hervorheben.
Diese Bräuche und Traditionen zeigen, wie tief die Verehrung der heiligen Gertrud von Nivelles in der Kultur und dem religiösen Leben der Ostalb verwurzelt ist.
Die heilige Gertrud von Nivelles hat keinen direkten Bezug zum Spinnen, wie es beispielsweise bei der heiligen Katharina oder der heiligen Elisabeth der Fall ist. Allerdings gibt es einige indirekte Verbindungen zwischen ihr und dem Spinnen bzw. der Textilverarbeitung:
1. Schutzheilige gegen Mäuse – Feinde der Kunkelstuben
Gertrud von Nivelles gilt als Schutzpatronin gegen Mäuse und Ratten.
Mäuse waren eine ständige Bedrohung für Vorräte, aber auch für gesponnenes Garn und gewebte Stoffe.
Kunkelstuben und Webereien mussten sich vor Mäuseplagen schützen – daher wurde Gertrud möglicherweise als Schutzpatronin angerufen.
2. Bedeutung des 17. März für die Textilarbeit
Der Gertrudentag (17. März) markierte in vielen Regionen das Ende des Winters.
Die Kunkelstuben schlossen oft im Frühjahr, wenn die Feldarbeit begann.
Gertrud wurde in diesem Zusammenhang als Patronin des Übergangs von der Winterarbeit (z. B. Spinnen) zur Frühjahrsarbeit (z. B. Flachsanbau) verehrt.
3. Klösterliche Textilverarbeitung
Gertrud war Äbtissin und gründete das Kloster Nivelles, in dem Nonnen sicherlich auch mit Spinnen, Weben und Nähen beschäftigt waren.
Viele Frauenklöster stellten liturgische Textilien her, was eine indirekte Verbindung zwischen Gertrud und dem Spinnen schafft.
Fazit
Während Gertrud selbst nicht direkt mit dem Spinnen verbunden ist, gibt es durch ihre Rolle als Schutzheilige gegen Mäuse und durch den zeitlichen Bezug ihres Gedenktags zur Kunkelstuben-Tradition eine gewisse Verbindung. Vielleicht wurde sie deshalb in manchen Regionen auch von Webern oder Spinnern um Schutz angerufen.
Gertrudentag als Übergang vom Winter zur Feldarbeit
Der 17. März galt in vielen Regionen als Ende der Kunkelstubenzeit. Während der Wintermonate wurde Flachs oder Wolle gesponnen, bevor mit dem Frühjahr die Feldarbeit begann.
Gertrud wurde als Schutzheilige gegen Mäuse verehrt – ein wichtiges Thema, da Mäuse sowohl Flachssamen als auch gesponnene Wolle und Leinen schädigen konnten.
Bauernregeln zum Gertrudentag geben Hinweise auf den landwirtschaftlichen Jahresverlauf:
„Ist es an Gertrud sonnig und warm, kommt bald der Frühling mit seinem Charme.“
„Gertrud mit dem Mäusezahn fängt das Frühjahr an.“ (Hinweis auf die Mäuseplage, die im Frühjahr stärker wurde)
In der Frühjahrsaussaat wurde Flachs gesät – oft um Mariä Verkündigung (25. März) herum, also kurz nach dem Gertrudentag.
Die letzten Spinnarbeiten des Winters wurden abgeschlossen, bevor der Fokus wieder auf die Feldarbeit gelegt wurde.

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